Mittwoch, 28. Oktober 2015

Alles Baumwolle? Kleine Stoffkunde.

Oft lese ich von verunsicherten Näherinnen die noch nicht so lang dabei sind die
überlegen, ob sie Jersey oder Baumwolle nehmen sollen, wollen, können.
Und dann stellen sich so einigen Erfahreneren oder gar Schneiderinnen die Haare auf.
Was hat es denn nun auf sich mit der Baumwolle?
Schließlich unterscheiden doch sogar einige Shops in Jersey und Baumwolle...

Daher nun eine kleine Stoffkunde für euch
und hoffentlich mach ich jetzt selber nichts falsch

Baumwolle... das ist ein Material aus dem Stoff gemacht werden kann.
Genau wie Seide, Viskose, Polyester und vieles mehr.
Sicherlich weiß das im Grunde Jeder von euch, und schaut gern beim Kleidung kaufen 
auf das Etikett im Pulli wie hoch denn der Baumwollanteil ist da man z.B. bei Polyester gern ins schwitzen kommt.

Genau das selbe ist es auch beim nähen. 
Baumwolle ist ein Bestandteil des Stoffes, hat aber nichts damit zu tun wie er aufgebaut ist.

Ich selber mag gern Stoffe mit sehr hohem Baumwollanteil, 
daher hab ich ganz viel, aber auch ganz verschiedene Baumwollstoffe da. 
Aber das ist Geschmackssache.

Aus irgend einem Grund hat es sich aber eingeschlichen das viele "Baumwolle" zu Webware sagt.
Diese "Baumwolle" ist zwar meist aus 100% Baumwolle, aber der Jersey, der meist als Gegensatz genannt wird besteht auch meistens aus einem sehr hohen Baumwollanteil. Bei guten Stoffen meistens zu 95% und nur 5% ist oft Elasthan.

Richtig wäre es also würde man in Webware und Strickware unterscheiden.
( Webware = "Baumwolle" und Strickware = z.B. Jersey )
Und den Unterschied zwischen den Beiden mag ich euch nun etwas näher bringen,

Wenn man ein Stückchen Stoff hat kann man sogar ganz leicht sehen was für ein Stoff man da grade hat. Man muss nur ganz genau hinschauen.
Brille auf? Und ran mit der Nase...

Schaut mal das ist ein Stückchen Webware, ganz nah dran:


Da ist ein Muster mit Fäden die waagerecht und senkrecht verlaufen.
Dieser Stoff ist gewebt. Wenn man sich die Kante oder eine Ecke anschaut sieht man das die Fäden 
leicht rausrutschen aus dem Gewebe:

Diesen Stoff muss man also immer umnähen oder versäubern, sonst hat man nicht lange Freude an dem was man da so näht. Am besten immer die Nahtzugabe mit einem Zickzack versäubern falls ihr (noch?) keine Overlook Maschine habt, oder die Naht anders nochmal sichern.
Wenn kein Elasthan oder eine anderes dehnbares Material verarbeitet ist, dehnt sich dieser Stoff gar nicht. Er ist einfach wie er ist. 

Das hat den Vorteil das er sich nicht verzieht, zum Beispiel beim nähen.
Man kann aber auch nicht einfach etwas mit einem Jerseyschnitt nähen. Manchmal steht im Schnitt man kann eine Größer nähen. Steht nichts drin würde ich aber vom Versuch abraten, oder ein Muster aus einem billigen Stoff zum testen anfertigen. Denn im Schnitt ist eingerechnet das sich etwas dehnt.

Beim zuschneiden ist die Fadenrichtung eben genau die in der die Fäden gewebt sind.
Beim Bild oben also von rechts nach links oder oben nach unten.
Schaut aber das das Muster auch nett läuft, kein Pinguin mag auf dem Kopf stehen. Und wenn Flaum drauf ist streicht drüber, er richtet sich meist in eine Richtung auf.

Nun zur Strickware
gaaanz nah dran seht ihr, der Stoff ist wie gestrickt. 
Nur mit Winzlingsnadeln. Erkennt ihr es?

Zum vergleich ein Bild von einem Handgestricktem Stück


Bei Strickware ist es ein langer Faden der ineinander geschlungen wird.
So wie beim stricken mit der Hand. 
Er dehnt sich sehr aber nur nach den Seiten. Nach oben hin ist es kaum.
Wenn ihr den Fadenlauf rausfinden wollt dehnt den Stoff, oder schaut hin. Bei meinen Bildern hier ist der Fadenlauf von unten nach oben.

So schaut Strickware an der Ecke aus:


Durch die Schlingen im Stoff franst er fast nicht aus, Laufmaschen gibt es seltener, und wenn leider eher mitten im Stoff wenn man etwas applizierten will. 
Daher sind Jerseynadeln weich abgerundet an der Spitze wie in der Zahnbürstenwerbung die Borsten damit die Nadel auch garantiert zwischen die Schlaufen rutscht und kleine kaputt zieht oder quetscht.
Da Strickware nicht so franst ist es nicht ganz so wichtig zu versäubern, ich mach es trotzdem meist da es für mich einfach dazu gehört.
Dafür ist es sehr viel wichtiger bei Strickware das man den Fadenlauf beachtet. Dreht man ihn ausversehen um 45Grad oder schneidet man etwas einfach kreuz und quer zu kommt man wahrscheinlich gar nicht erst in den fertigen Pullover rein, da er sich nicht wie vorgesehen beim anziehen dehnt und sich nicht um uns drumherum passend wieder zusammenzieht. Außerdem leiert er in ganz lustige Formen aus.
Bei Schnitten für Jersey, Sweat usw. ist es noch wichtiger darauf zu achten das man die richtige Strickware hat da sie sich unterschiedlich dehnen können und so das Ergebnis nicht gut werden könnte. Es sollte aber auch bei einem Schnitt drin stehen ob man nur Jersey oder auch Sweat (was sich etwas weniger dehnt wie Jersey) u.s.w. benutzt werden kann.


Ich hab euch mal von meinen Liebsten Web- und Strickstoffen ein Bild gemacht:

Dies hier sind vier Webwaren:
Cord, Babycord, Popeline, einfache Baumwoll-Webware.
Cord hat Flaum in Streifen. Streicht drüber und ihr seht das es wie beim streicheln eurer Katze ist.
Man kann mit und gegen den Strich streichen. Achtet beim zuschneiden darauf.
Bei Cord achte ich auch besonders drauf das keine elastischen Materialien drin sind. Hier verstecken sie sich gern und ich vernähe ihn lieber unelastisch.
Popeline ist feiner gewebt wie einfache Baumwoll-Webware. Sie ist etwas steifer lässt sich aber sehr ähnlich verarbeiten. Oft wirkt sie ein wenig hochwertiger. Manchmal kann man sie aber auch kaum auseinander halten.

Hier 4 verschiedene Strickstoffe.
Ich habe euch rausgesucht: Bündchen, Nicky, Frottee, Jersey
Bündchen dehnt sich extrem, dazu aber gleich. Bei Nicky und Frottee kann man den Fadenlauf oft besser auf der Rückseite erkennen, wenn man schauen mag. Sie sind schön kuschlig und neben Sweat für mich persönlich die bessere Alternative zu Fleece (dazu am Ende, aber nur ganz kurz)

Hier nochmal Jersey und Bündchen im Vergleich.
Oft wird gesagt wenn man keine Bündchenware hat, kann man einfach etwas Jersey nehmen.
Das geht schon aber man sollte auch wissen das sich Bündchen sehr viel mehr dehnen kann wie Jersey. Kommt man am Ende beim Pullover nicht mit dem Kopf durch lag es daran.
Für diejenigen unter euch die Stricken:
Jersey ist nur rechts gestrickt, beim Bündchen strickt man ein paar Maschen rechts dann ein paar links... dadurch hat Bündchenware eher die Struktur einer Ziehharmonika.

Mir sind schon ganz unterschiedliche Qualitäten von Bündchenware untergekommen.
Daher halte ich persönlich nichts davon mit komplizierten mathematischen Formeln auszurechnen wieviel Bündchen man braucht. Ich vernähe Bündchenware in der Länge lieber nach Gefühl und messe es in etwa an dem was ich grade nähe ab indem ich dem Halsausschnitt oder so nachfahre.

Fleece: Oft hat er einen sehr hohen Polyesteranteil weshalb ich ihn selber nicht so leiden mag. Je besser der Fleece ist um so höher ist jedoch auch meist der Baumwollanteil. 
Vom vernähen von zu künstlichen Fleece oder gar von billigen Fleecedecken rate ich eigentlich ganz ab, solang es nicht vielleicht ein Kostüm für nur einen Tag ist oder ähnliches.



Und jetzt raus mit der Lupe und ran an die Stoffe ;)
Ich hoffe ich hab nichts falsch gemacht und die Menge der Rechtschreibfehler ist halbwegs erträglich.

2 Kommentare:

  1. Vielen hunderttausendfachen Dank für Deinen Beitrag! Ich hoffe, den Lesen ganz viele "Baumwolle-Sagerinnen-wenn-Webware-Meinerinnen", dann rollen sich meine Zehennägel vielleicht auch bissel weniger auf!

    Liebe Grüße, Sophina

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    1. Gern geschehen.
      Ich muss sagen ich kann viele Seiten verstehen bei diesem "Problem"
      Wenn man grade erst angefangen hat, und das sind zur Zeit ja viele, ist es sicher fürchterlich verwirrend wo man ja jedem Begriff mehrfach begegnet. Ich denke es verunsichert im Unterscheiden beim einkaufen genau sie beim finden im Web oder auch im verstehen was es denn da nun auf einmal alles noch für "Baumwolle" gibt. Zum Beispiel Cord wo es nun kälter wird ist es einer meiner bevorzugten Stoffe.
      Dann kann ich auch die Händler ein wenig verstehen. Ihnen geht es natürlich in erster Linie darin etwas zu verdienen und ihren Unterhalt zu sichern. Wenn man nun als Händler sieht wie viele nach dem falschen Begriff suchen will man ihnen vielleicht etwas entgegenkommen um nun im Endeffekt so nicht nur zufriedenere Kunden zu haben sondern auch mehr Geld. Ob man nun da das Gewissen einem Begriff gegenüber hat darauf zu verzichten es falsch zu benennen in der Gefahr Kunden und Geld weniger zu haben? Ein Zwiespalt.
      Dann verstehe ich wieder die alten Hasen, und auch diese die es in der Schule gelernt haben, gar Schneiderinnen sind. Für mich als Schauwerbegestalterin war es sogar auch Teil der Ausbildung. - Sie sehen das der "Markt" an Näherinnen überflutet wird, wenn sie das nähen zum Broterwerb nutzen kommt es ihnen vielleicht auch so vor als würde das Nähen in den Dreck gezogen teils durch falsche Begriffe und schlechtere Qualität die in der Masse gern mal vorkommt. Sie werden mit unter nicht mehr so wert geschätzt wenn meine Schwägerin 3. grades das auch grade macht und sie hat die Nähmaschine aus dem Aldi erst seit 3 Wochen. Ohne das unabsichtlich ein Unterschied erkannt wird.
      Oder einfach nur jede Menge Näherinnen die im Foren, Gruppen u.s.w. unwissend weiter falsche Wörter und Ansichten verbreiten deren man sich Machtlos entgegenstehen sieht.

      Ich denke in dem ganzen Trouble den der Trend ausgelöst hat gibt es so viele Seiten wie es betrachtet werden kann, nicht zuletzt scheint das Wörtchen "Baumwolle" eben auch ein Tröpfchen zu seien das so vieles zum überlaufen bringen kann oder gebracht hat.
      Und da ist es wohl für alle einfacher wenn es Möglichkeiten gibt sich das ganze einfach und in Ruhe anschauen zu können. Ich hoffe das ich nicht nur aufklären kann sondern auch ein bisschen Frieden stiften.
      Ihr könnt den Beitrag natürlich gern weiterreichen oder teilen wenn ihr mögt.

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